Online-Seminar: „Negativ-Dekadent“. Rechte Subkulturen in Ost-Berlin in den 1980er Jahren

Straßenorientierte rechte Subkulturen – wie Skinheads und Hooligans – haben das rechte Spektrum in Ostdeutschland lange kulturell geprägt und zahlenmäßig dominiert. In seiner Arbeit verknüpft Stefan Wellgraf ethnografische Feldforschung mit historischer Quellenarbeit und schildert ausgehend von Ost-Berlin die Entstehung und Entwicklung von politisch rechtsorientierten und gewaltaffinen ostdeutschen Subkulturen, ihre Hochphase in der Wendezeit und ihre Transformationen im geeinten Deutschland von den 1970ern bis in die 2000er Jahre.

Der Vortrag fokussiert sich auf die Zeit der Spät-DDR, als Schule und FDJ einerseits, sowie Volkspolizei und Ministerium für Staatsicherheit andererseits mit erheblichem Aufwand versuchten, rechte Gesinnungen unter Jugendlichen zu bekämpfen. Dabei kriminalisierten staatliche Erziehungsträger häufig jugendtypische Formen der Verweigerung und Devianz und trugen somit erst zur Politisierung junger Menschen bei. In der Folge wurden zahlreiche Skinheads und Hooligans inhaftiert, für viele von ihnen begann die Gefängniszeit zunächst in der Untersuchungshaftanstalt in der Keibelstraße. Dieses rigorose Vorgehen hatte wiederum bei vielen Jugendlichen eher eine Abkehr vom Staatssozialismus und eine Hinwendung zu westlichen Subkulturen zur Folge.

Rechte Subkulturen sind nicht verschwunden, sie haben zuletzt im Windschatten des Rechtspopulismus wieder an Bedeutung gewonnen. Beim genauen Blick auf die Situation in der DDR in den 1980er Jahren stellt sich unweigerlich schließlich auch die Frage nach dem Umgang mit heutigen rechten Bewegungen. Welche Parallelen gibt es, was hingegen unterscheidet die damalige Situation von heute? Und was können wir aus der Geschichte lernen?

Zur Person

PD Dr. Stefan Wellgraf ist Ethnologe und Kulturwissenschaftler. Er arbeitet im Rahmen einer Heisenbergförderung am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin.

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