Wanderausstellung "Gemeinsam sind wir unerträglich. Die unabhängige Frauenbewegung in der DDR"
Startseite
Vernissage am 8.12.2023, 19 Uhr in der Gethsemanekirche Berlin
Die Ausstellung erzählt erstmalig in dieser Form die Geschichte der unabhängigen Frauenbewegung in der DDR. Zahlreiche Dokumente, Fotos und Interviews zeigen, wie sich Anfang der 1980er Jahre die ersten Frauengruppen gründeten. Von Beginn an kritisierten viele dieser Gruppen die Situation von Frauen in der DDR und zogen die staatliche Doktrin von der verwirklichten Gleichberechtigung der Frau in Zweifel. Am Ende der DDR entfaltete sich eine landesweit agierende Bewegung. Im demokratischen Aufbruch der Jahre 1989 und 1990 saßen ihre Akteur*innen an den Runden Tischen und forderten eine geschlechtergerechtere Gesellschaft ein.
Programm der Vernissage
Grußwort: Evelyn Zupke, SED-Opferbeauftragte beim Deutschen Bundestag
Eröffnungsrede: Ulrike Rothe, Kuratorin
Gespräch mit
- Dr. Anna Kaminsky (Direktorin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)
- Dr. Martina Weyrauch (Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung)
- Dr. Jessica Bock (Historikerin)
- Almut Ilsen (Zeitzeugin, Frauen für den Frieden)
Moderation: Rebecca Hernandez Garcia, Kuratorin
Musik: Beate Wein
Die Ausstellung wird mit freundlicher Unterstützung des Digitalen Deutschen Frauenarchivs eröffnet.
Am 8. Dezember 2023, 19 Uhr, in der Gethsemanekirche Berlin-Prenzlauer Berg (Stargarder Str. 77, 10437 Berlin).
Die Ausstellung kann in der Gethsemanekirche bis zum 12. Dezember 2023 besichtigt werden. Am 9. und 10. Dezember 2023 bieten die Kuratorinnen Führungen durch die Ausstellung an.
Öffnungszeiten in der Gethsemanekirche
9.12., 10–15 Uhr, Kuratorinnenführungen 11 Uhr und 13 Uhr
10.12., 12:30–16:30 Uhr, Kuratorinnenführungen 13 Uhr und 15 Uhr
11.12. und 12.12., 10–18 Uhr
Über die Ausstellung
„Gemeinsam sind wir unerträglich“ – so lautet der Spruch auf einer Postkarte der Lesben in der Kirche, einer Gruppe, die sich 1982 in Ost-Berlin gründete. Dieser Slogan verweist auf zwei entscheidende Momente frauenbewegter Geschichte in der DDR: Frauen kommen zusammen und agieren längerfristig als Gruppe. Und sie benennen unbequeme Themen, die in der Gesellschaft, in ihren Organisationen und in den Familien verschwiegen werden – kurz: etwas Unerträgliches. Ob sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen oder Abtreibung, ob Zärtlichkeit zwischen Frauen oder alternative Lebensformen, ob Kriegsspielzeug in Kindergärten, die Abwertung weiblich definierter Menschen in Schulbüchern oder die Gefahr atomarer Verstrahlung – über diese und andere Themen diskutieren Frauen untereinander im letzten Jahrzehnt der DDR. Sie erarbeiten gemeinsame Positionen dazu und vertreten sie nach außen. Es ist eine kleine Minderheit von Frauen in der DDR, die ihrem arbeitsreichen Alltag einschließlich der zweiten Schicht nach Feierabend noch eine politische Untergrundtätigkeit hinzufügt. Eine solche Entscheidung bringt in einer Diktatur zwangsläufig Repressalien mit sich. Die Frauen lassen sich davon nicht abhalten, aber schon allein mit Blick auf ihre verfügbaren Zeitressourcen ist diese Entscheidung mehr als erstaunlich.
Die Ausstellung wurde ins Leben gerufen, um die frauenpolitische Leerstelle in der vorherrschenden Erzählung über die DDR-Bürgerbewegung und die Friedliche Revolution zu füllen. Sie würdigt das lange vergessene aktivistische Engagement der Akteurinnen dieser Bewegung. Begleitend erscheint ein Ausstellungskatalog, der zusätzliches Quellenmaterial bereithält. Historiker*innen führen in das Thema ein und stellen aktuelle Bezüge her, Zeitzeuginnen blicken zurück und reflektieren das Erbe dieser Bewegung für die Gegenwart.
Die Ausstellung wurde kuratiert von Ulrike Rothe (leit.), Rebecca Hernandez Garcia und Judith Geffert.
Weitere Informationen finden Sie im Flyer zur Wanderausstellung „Gemeinsam sind wir unerträglich. Die unabhängige Frauenbewegung in der DDR.“
Die Ausstellung wird gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung und des Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Die Wanderausstellung "Gemeinsam sind wir unerträglich"

Spielfeld Deutschland - Workshop für die Grundschulen
Startseite
Unser Angebot für den Gewi- und Sachunterricht an Berliner Schulen.
- Zielgruppe: Schüler*innen der Klassen 3 bis 6
- Dauer: 90 Minuten
- Kosten: 600 €
Lernen im Spiel
Der Workshop „Spielfeld Deutschland“ vermittelt Schüler*innen der Klassen 3 bis 6 einen spannenden und anschaulichen Einblick in die Blockkonfrontation des Kalten Krieges, die Teilung Berlins sowie die Lebensverhältnisse in Ost und West.
In drei Spielrunden erfahren die Schüler*innen durch praktische Übungen und Aufgaben, wie sich Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in zwei politische Systeme spaltete. Sie lernen, welche Rolle die Alliierten bei der Teilung Berlins spielten und wie sich die Lebensbedingungen in Ost und West unterschieden.
Konkrete Vorteile für Schüler*innen
- Die Schüler*innen erhalten einen vertieften Einblick in ein wichtiges historisches Thema.
- Sie lernen, sich eigenständig und kreativ mit historischen Themen auseinanderzusetzen.
- Sie entwickeln ein Verständnis für die Ursachen und Folgen des Kalten Krieges.
Anmeldung
Der Workshop kann jederzeit über den Lernort Keibelstraße gebucht werden.
Mail: anmeldung@keibelstrasse.de
Telefon: 030 – 28 09 80 11
Ausstellung Subraum „Iro unterm Fernsehturm“ (AT)
Startseite
Die Agentur für Bildung kuratiert einen Subraum zum Thema Freiräume/Subkulturen in der Ausstellung BERLIN GLOBAL am Berliner Humboldt-Forum.
Im Auftrag der Stiftung Stadtmuseum Berlin
Eröffnung der Ausstellung: voraussichtlich 7. Juli 2024
Punk in Ost-Berlin
Die Punk-Bewegung kam Ende der 1970er Jahre aus West-Berlin und England nach Ost-Berlin, Halle und Leipzig. Die kleine urbane Bewegung erregte durch ihr Erscheinungsbild Aufsehen. Was im Westen als Provokation galt, war in der DDR ein Angriff auf den Staat. Die Vorstellung, wie Jugendliche sein sollten, war eng mit dem Ideal der FDJ verbunden. Individuelle Lebensentwürfe waren nicht vorgesehen und wurden bekämpft. Wie in vielen jugendkulturellen Gruppen spielte Musik für den Ost-Berliner Punk eine wichtige Rolle. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen gründeten Bands und probten in besetzten Wohnungen und Kellern im Prenzlauer Berg, ab 1983 in Räumen der Lichtenberger Erlöserkirche und anderen evangelischen Kirchen. Sie trafen sich am Alexanderplatz, in Parks wie dem Plänterwald und auf der Straße.
Punk ´79 – ´89
Von 1979 bis 1983 entstanden Punkpulks um die ersten Bands. In dieser Phase wurden Punks vom MfS und der Deutschen Volkspolizei kriminalisiert. Für 1984 war das Nationale Jugendfestival der FDJ in Berlin geplant, das alle fünf Jahre stattfand. Erich Mielke, Chef der Staatssicherheit, wollte bis dahin die Straße von „negativem Unrat“ gesäubert wissen und befahl Härte. Die Volkspolizei kontrollierte und verhaftete Punks auf der Straße. Durch Operative Vorgänge (OV) sowie Operative Personenkontrollen (OPK) versuchte das MfS, die Erscheinung Punk „aufzuklären“. Zersetzende Maßnahmen wie vorzeitigen Einzug zum Dienst bei der Nationalen Volksarmee und Ausweisung in die BRD wurden genutzt, um die frisch gebildeten Kreise auszudünnen. Jugendliche unter 16 Jahren wurden zur Regulierung und sozialistischen Erziehung in Kinderheime eingewiesen. Auch die Gesellschaft beteiligte sich an der Ausgrenzung gegen Punks im öffentlichen Raum, so kam es zu Beschimpfungen („Euch hat man vergessen, zu vergasen“) und gewalttätigen Übergriffen. Nach 1985 agierte der Staatsapparat deutlich weniger repressiv. Es gab weniger Verhaftungen, Konzertauftritte wurden möglich. Der Radiosender DT64 spielte Punkmusik, in FDJ-Klubhäusern war sie auch zu hören und Punks mischten sich verstärkt unters Publikum.
Subversion und Party
Wie überall auf der Welt wollte auch die Ost-Berliner Punk-Bewegung subversiv provozieren und das (spieß-)bürgerliche Leben in Frage stellen. In der DDR war Punk eine Möglichkeit, aus den engen gesellschaftlichen und staatlichen Zwängen auszubrechen und ein alternatives Leben auszuprobieren. Aus von den Großeltern rein geschmuggelten Bravos oder Fanzines erfuhren die Jugendlichen, wie sich Punks stylten. Auf Müllkippen suchten sie ihre ersten Lederjacken, bemalten oder beklebten sie, bastelten sich Badges, schnitten und färbten ihre Haare, hörten Radio, nahmen Kassetten auf, gründeten Bands. Die Punks trafen sich auf Markt- und Rummelplätzen, erkämpften sich Zutritt in Discos und Kneipen, feierten in Kellern, Wohnungen und auf Dachböden.
Die Kirchen boten Punkbands die einzigen öffentlichen Auftrittsgelegenheiten. Die Bands besangen ihren Alltag, Probleme in der Schule, mit Lehrmeistern, Polizei, Gastwirten und Kleingärtnern. Ost-Berliner Bands wie Müllstation, Schleimkeim, Namenlos und Wutanfall erzeugten politische Texte, oft erst in Reaktion auf staatliche und gesellschaftliche Diskriminierung. Wie in allen Jugendbewegungen nach 1950, war auch der Punk im Osten männerdominiert. Sexistische Strukturen in all ihren Erscheinungen waren Alltag. In Ost-Berlin spielten und sangen in Bands wie Namenlos, Die Firma, Kein Talent und Klick & Aus Frauen, während sie in der sonstigen Republik oft lediglich als Groupies fungierten.
LaG-Magazin "(Was) Können wir aus vergangenen Kriegen und Friedensprozessen lernen?"
Startseite
(Was) Können wir aus vergangenen Kriegen und Friedensprozessen lernen?
Das aktuelle LaG-Magazin (mit Texten u.a. von Herfried Münkler) dokumentiert Beiträge der vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
organisierten Tagung zum hochaktuellen Thema „Friedensprozesse, Friedensschlüsse und Kriegsfolgen“.
Jugendliche erstellen eine virtuelle Ausstellung zu DDR-Jugendkulturen
Startseite
Am 8.12.2023 findet im Jugendzentrum Königstadt die Abschlussveranstaltung statt.
Das Thema Jugendkulturen in der DDR wurde in den letzten 10 bis 15 Jahren immer wieder in Büchern, Filmen und Webseiten thematisiert. Jedoch konzentrierten sich die Veröffentlichungen zum einen meist auf nur eine Gruppe und damit einen Teilaspekt von Jugendkultur. Zum anderen erstellten Erwachsene die Informationen. Der jugendliche Blick auf das Thema, zumal in größerer Breite, kommt in der Öffentlichkeit insofern bislang deutlich zu kurz.
Jugendliche und junge Erwachsene erstellen nun im Rahmen des Projekts eine Online-Ausstellung zu Jugendkulturen in der DDR. Sie wurde auf der Webseite DDR Jugendkulturen veröffentlicht. In Workshops entstanden etwa zehn verschiedene virtuelle Ausstellungsräume zu jeweils einer Jugendkultur; sie wurden durch eine Einführung in das jeweilige Thema ergänzt. Dabei erfolgte auch eine Verknüpfung zur deutsch-deutschen Geschichte.
Das Vorhaben entstand als Kooperation zwischen dem Lernort Keibelstraße und dem Medienzentrum Pankow. Der Lernort Keibelstraße befindet sich in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt II in Berlin-Mitte und unterstand dem Ministerium des Innern. In der Haftanstalt war der Anteil der inhaftierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufgrund seiner Lage punktuell sehr hoch. Das Medienzentrum Pankow befindet sich im historischen Gebäude der ehemaligen Kreisleitung der FDJ. Später wurde es zum Haus der Jugend und zwischen 1962 bis 1990 war der Radioklub der DDR dort untergebracht. Auch der Kooperationspartner hat damit direkte Bezüge zur DDR und zum Thema Jugendkulturen.
Das Team des Lernorts Keibelstraße sammelte Quellen zu den unterschiedlichen Jugendkulturen, knüpfte Kontakte zu Zeitzeug*innen und recherchierte in fachwissenschaftlicher Literatur. Das Material und die Kontakte dienen als Quellenmaterial für das Projekt und führten zu Interviews mit Zeitzeug*innen.
Das Projekt wird gefördert im Rahmen des Bundesprogramms „Jugend Erinnert“ Förderlinie SED-Unrecht, das in Kooperation mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur durchgeführt wird.
Brandenburg ´33
Startseite
Ein Projekt des Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus
Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Dieser Tag markiert das Ende der Weimarer Republik und den Beginn des Nationalsozialismus. Hitlers Kabinett aus Deutschnationalen und Nationalsozialisten war sich von Beginn an einig, dass die Reichstagswahlen am 5. März 1933 die letzten sein sollten. Fortan wurde per Ermächtigungsgesetz diktatorisch regiert. Aber wie gelang es im Laufe des Jahres 1933, diese nationalsozialistische Herrschaft auch in der Fläche durchzusetzen? Und welche Unterstützung gab es vor Ort?
Bereits 80 Jahre nach der Machtübertragung an die NSDAP, im Jahr 2013, entwickelte das Aktionsbündnis Brandenburg in Kooperation mit der Agentur für Bildung, Geschichte und Politik und dem Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien e. V. diese Webseite. Auch damals basierte sie auf lokalen Ereignissen, die von den Initiator*innen und von interessierten Bürger*innen aus ganz Brandenburg zusammengetragen wurden. Diese mehr als 200 Ereignisse zeigen, dass die Durchsetzung des Nationalsozialismus von Beginn an mit Gewalt, Terror und Einschüchterung einherging.
90 Jahre nach der Machtübertragung haben wir zum Jahr 2023 die Webseite überarbeitet und ihr eine neue Gestalt gegeben. Zusätzlich wählte das Aktionsbündnis Brandenburg zusammen mit der Agentur für Bildung, Geschichte und Politik acht Städte in Brandenburg aus und mit Hilfe der vorliegenden Beiträge, aber auch durch weitere Recherchen in den Archiven und vor Ort, acht Audiowalks entwickelt. Sie berichten von nationalsozialistischen Überzeugungstäter*innen und ihren ersten Opfern: den Jüdinnen*Juden und den politischen Gegner*innen aus SPD und KPD. Im Blickpunkt steht aber auch, welche Entscheidungen verschiedene Menschen vor Ort in dieser Zeit trafen und wie sie sich im Angesicht des NS-Terrors verhielten.
Die Audiotracks auf unserer Website begleiten Sie bei Ihrem Gang durch Stadt. Gemeinsam suchen wir Orte auf, an denen noch heute offensichtliche oder versteckte Spuren des Geschehens im Stadtbild zu entdecken sind. Diese Spuren entsprechen oft, aber nicht immer, den heute historisch bedeutsamen Gebäuden, Plätzen und Denkmälern der Stadt.
Die Audiowalks sind eine Ergänzung der ursprünglichen Website. Zusätzlich bietet Ihnen unsere Karte die Möglichkeit, die über 200 Ereignisse nach Themen zu filtern und sich bestimmte Regionen genauer anzuschauen. Begeben Sie sich gern eigenständig auf die weitere Spurensuche!
Zur Webseite Brandenburg ´33
Filmreihe: DDR erklärt
Startseite
Mit der Filmreihe erhalten Kinder ab der Jahrgangstufe 4 eine Einführung in die Themen Flucht aus der DDR, die Stasi (Staatssicherheit) und die Geschichte der DDR. Die Filme sind 2 Minuten lang und im Animationsstil produziert. Sie stehen für die nicht-kommerzielle Bildungsarbeit kostenlos zur Verfügung, können auf Webseiten eingebettet und heruntergeladen werden. Bildungsmaterial zur Filmreihe kommt im Jahr 2023.

Web-Seminar-Berichte
Startseite
Lernort Keibelstraße führt immer wieder Online-Seminare für Lehrkräfte und
Mitarbeiter*innen aus Gedenkstätten, Museen, Archive, Bildungsträger, Einrichtungen der Aufarbeitung der SED-Diktatur, Schulbehörden sowie Universitäten durch. Hierbei ist es uns wichtig, verschiedene Aspekte der Bildungsarbeit zu reflektieren und diskutieren.
Die Online-Seminare dokumentieren wir, damit Sie diese nachlesen können.
Jüdisches Leben in Thüringen zur DDR-Zeit
Startseite
Ein Oral History-Projekt mit Jugendlichen
In den Jahren 2020/2021 hat die Agentur für Bildung – Geschichte, Politik und Medien gemeinsam mit dem Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „Matthias Domaschk“ ein filmpädagogisches Oral History-Projekt mit Jugendlichen der Leonardo-Schule in Jena durchgeführt. Sie finden auf dieser Webseite Links zu dem in diesem Rahmen entstandenen Projektfilm sowie zu einer durch das Projektteam erstellten Handreichung.
Die Geschichte und die Gegenwart jüdischen Lebens in Deutschland sind durch die Entrechtung, Entmenschlichung und Ermordung von Jüdinnen*Juden in der Shoah geprägt. Dass jüdisches Leben als etwas „fremdes Anderes“ gelesen wird und dass es tatsächlich aus dem lebensweltlichen Alltag vieler verschwunden ist, zeigt die Folgewirkung dieser Vernichtungsgeschichte. Mit diesem Erbe haben wir uns heute – im Angesicht zunehmender antisemitischer Aggressionen – mehr denn je auseinanderzusetzen. Thüringen als ostdeutsches Bundesland blickt auf eine 40jährige DDR-Vergangenheit zurück, die vor allem für die Eltern- und Großelterngeneration heutiger Jugendlicher prägend hinsichtlich historischer Bildung und menschenrechtlicher Bewusstseinslagen war. Der DDR-Staat definierte und legitimierte sich grundlegend über eine antifaschistische Erzählung der NS-Geschichte. Vermittelt wurde die Heldenperspektive der kommunistischen Widerstandskämpfer. Die Verfolgungsgeschichten der Jüdinnen*Juden und anderer Opfergruppen führten ein marginales Dasein. Auch der Modus von Erinnerung und Aufarbeitung war fest in staatlicher Hand, regionale eigensinnige Bürgerinitiativen bottom-up waren nicht vorgesehen und auch rechtlich kaum möglich. Angesichts dieses komplexen Bedingungsgefüges erschien eine Projektidee sinnvoll, die nicht nur die Geschichte jüdischen Lebens als integralen Bestandteil deutscher Allgemein- und thüringischer Landesgeschichte thematisiert, sondern der Leerstelle „Jüdisches Leben in der DDR“ zudem durch die direkte Begegnung von Jugendlichen mit jüdischen Zeitzeug*innen entgegenwirkt. Über das Medium bzw. die Methode des Oral History-Interviews erschien es möglich, Jüdinnen*Juden als souveräne Subjekte ihrer Geschichte einzubeziehen und ihre Perspektiven und Positionen sichtbar zu machen. In der Aneignung der persönlichen, bis in die Gegenwart erzählten Lebensgeschichten der Zeitzeug*innen reicht zudem in die eigene Gegenwart der Jugendlichen hinein. Indem sie Interviewfragen an eine konkrete Person entwickeln, befragen die Schüler*innen zudem auch sich selbst, ihre eigenen Lebenszusammenhänge, die ihrer Familienangehörigen und auch ihre eigenen Wissens- und Wertehintergründe.
Making of zum Projektfilm „Judentum und jüdisches Leben in Thüringen zur DDR-Zeit“ from Agentur Bildung on Vimeo.
Wichtig war uns in einem zweiten Schritt, handhabbare Projektergebnisse zu erzielen und diese auch öffentlich zu präsentieren. Das Projekt endet daher nicht mit den abgedrehten Interviews, sondern mündet in eine zweite Projektphase – die selbstständige, aber professionell begleitete Produktion eines Films aus den entstandenen Materialien. Der Umgang mit dem Medium Film hält ein zusätzliches motivierendes und aktivierendes Moment für Projektarbeit mit jungen Menschen bereit. Jugendliche werden selbst zu Erzähler*innen von Geschichte(n). Sie setzen sich in dieser zweiten Projektphase noch einmal intensiver damit auseinander, was sie filmisch erzählen wollen und weshalb sie bestimmte Interviewsequenzen auswählen und andere nicht.
Film „Judentum und jüdisches Leben in Thüringen zur DDR-Zeit – Ein Oral History-Projekt mit Jugendlichen“ from Agentur Bildung on Vimeo.
Mit der abschließenden Handreichung wollen wir das Projekt nicht nur dokumentieren, sondern auch dazu einladen, weitere Projekte mit jüdischen Zeitzeug*innen in Thüringen durchzuführen.
Darüber hinaus nehmen wir Bezug auf die besonderen Rahmenbedingungen und Schwierigkeiten eines Schüler*innenprojekts, das im Jahr 2021 und damit während der Corona-Pandemie stattgefunden hat. Die Jenaer Leonardo-Schule bot an, das Projekt in den Geschichtsunterricht zu integrieren. Dadurch ergab sich zumindest eine feste Seminargruppe, die sich aus Schüler*innen mehrerer Klassen der Schule zusammensetzte und an allen Seminartagen in einem Raum zusammenkam. Unabdingbar für das digital dazu geschaltete Projektteam war die Begleitung des Projekts durch zwei Lehrkräfte. Sie unterstützten das Seminarprogramm in seiner Durchführung und gaben den Teilnehmenden ad hoc Hilfestellungen.
Das Projekt wurde von der Agentur für Bildung – Geschichte, Politik und Medien e.V. gemeinsam mit dem Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „Matthias Domaschk“ (ThürAZ) durchgeführt. Gefördert wurde das Projekt über die Sonderausschreibung „Neun Jahrhunderte jüdisches Erbe und jüdisches Leben in Thüringen“ im Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „Denkbunt“ sowie durch die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen.
Fortbildungsreihe "Politik unterrichten"
Startseite
Gemeinsam mit dem Lehrstuhl Politikdidaktik und Politische Bildung an der FU-Berlin von Prof. Dr. Sabine Achour haben wir die Online-Fortbildungsreihe „Politik Unterrichten“ für Lehrkräfte für die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie entwickelt und führten sie durch.
Guter Politikunterricht stellt Lehrkräfte vor besondere Herausforderungen: Lehrbücher helfen meist nicht weiter, weil sie nicht aktuell genug sind; Schülerinnen und Schüler wünschen sich ein Fallbeispiel, mit dem man sich selber noch nicht beschäftigt hat; und das Unterrichtsmaterial muss selbst zusammengestellt werden. Die Fortbildungsreihe „Politik unterrichten“ bietet Lehrkräften daher zu unterschiedlichen Themenfeldern einerseits den politikwissenschaftlichen Hintergrund, gibt ihnen aber andererseits auch konkretes Unterrichtsmaterial an die Hand. Zu den unterschiedlichen Themenfeldern werden jeweils zwei Vorträge von renommierten Professorinnen und Professoren des jeweiligen Fachgebietes kombiniert mit einem praktischen Workshop. Dieser wird durchgeführt von Lehrkräften und Politikdidaktikerinnen und -didaktikern, die zu dem Thema selbst in der Regel bereits Unterrichtsmaterial publiziert haben und damit sehr konkret mit den Teilnehmenden arbeiten können. Die Vorträge werden online zur Verfügung gestellt.
Die zehn Veranstaltungen der Reihe gliedern sich in drei Blöcke: Politikdidaktik, Politikunterricht und Demokratiebildung. Im Block Politikunterricht werden die Themenfelder „Gesellschaft, Partizipation und Ungleichheit“, „Demokratie und Rechtsstaat“ sowie „Internationale Politik“ abgedeckt. Die Veranstaltungen richten sich an Lehrkräfte aller weiterführenden Schulen.
Verantwortlich für die Konzeption des Programmes als wissenschaftliche Leiterin ist Prof. Sabine Achour von der Freien Universität Berlin. Träger der Fortbildungsreihe ist die Agentur für Bildung, Geschichte und Politik e.V.
Insgesamt gab es bisher vier Durchgänge: Frühjahr 2022 bis Herbst 2023